Biggi Berchtold
Liebesromane mit Herz

Leseprobe
"Coming Soon - Mitten ins Herz" 

Kapitel 4 - Jeff

 »Hey, Jungs«, begrüße ich meine Bandkollegen, die es sich schon an der Bar bequem gemacht haben, mit einem High Five. Bevor ich mich setze, winke ich der Bedienung zu, die mit hochrotem Kopf herbeieilt.

»Ein Bier bitte und einen Burger, wie immer.«

»Welches Bier und welcher Burger darf es denn sein?«, fragt sie, und ihre Wangen glühen förmlich.

Verdutzt sehe ich sie an. Ich bestelle doch immer dasselbe?

»Kate ist neu hier. Sie kennt unsere Gepflogenheiten noch nicht«, murmelt Alex und grinst.

»Oh, na klar. Also Kate, ein Bitter für mich und den Burger nach Art des Hauses.«

»Okay, wird gemacht … ähm … ja, also bestellt. Ich … ja, ich komme sofort«, stammelt sie und begibt sich zu den Zapfhähnen.

»Sprachstörungen bei deinem Anblick. Ach, was für ein seltenes Phänomen. So geil siehst du ja nun auch wieder nicht aus. Wie machst du das nur immer?«, fragt Alex und grinst frech.

»Du Arsch. Halt die Klappe«, kontere ich, ebenfalls grinsend und bekomme im nächsten Moment von Kate mein Bier, wofür ich mich bedanke.

»Victoria war vorhin da«, erzähle ich den Jungs zwischen zwei Bissen. »Jada, Jessica und Jennifer fallen als Tänzerinnen aus.« Ich informiere sie im Detail über das Gespräch.

Rob lacht. »Seltsam, dass alle Tänzerinnen mit J anfangen. Das ist wie verhext.«

»Ja, das hab ich Victoria auch gefragt, ob die sich gegen mich verschworen haben«, antworte ich grinsend.

»Jungs, alles klar bei euch? Habt ihr alles?«, fragt Ivy, als sie sich zu uns gesellt.

»Was hast du dir denn da für eine süße Schnecke an Land gezogen?«, fragt Alex amüsiert.

»Du meinst Kate? Sie kam heute wie gerufen. Jacky hat gestern gekündigt, weil sie wohl mit unserem Koch Owen eine Liebelei angefangen hat und …«

»…  er hat sie beendet?«, ergänzt Rob.

»Ja, so in etwa«, schnaubt sie. »Nur Kate benötigt noch Einarbeitung, und die Zeit hatte ich vorhin nicht. Sie ist wie ein scheues Reh, aber ich bin froh, dass sie heute Zeit hatte, um zumindest mal auf Probe zu arbeiten.«

»Wirst du sie nehmen?«, möchte ich wissen.

»Ich werd mal sehen, wie sie sich weiter macht. Keine Ahnung.«

»Na, dann schick sie uns doch gleich noch mal.« Ich schiebe meinen leeren Teller beiseite und starre gebannt auf Kate. Ob sie wieder einen roten Kopf bekommt, wenn ich sie anspreche? Irgendwie finde ich das amüsant.

»Kann ich euch noch was bringen?«, fragt Kate und startet einen weiteren Versuch, heiter zu wirken, um ihre Nervosität zu überspielen.

»Für mich bitte einen Kaffee. Schwarz, ohne Zucker«, antworte ich.

»Kaffee …«, wiederholt sie und starrt mich mit ihren großen Augen an, die grün schimmern. Prompt wird sie wieder rot und macht auf dem Absatz kehrt.

»Unglaublich! Rob, hast du gesehen, wie sie bei Jeff reagiert? Ich glaube, sie kann nicht mal mehr bis drei zählen.« Alex lacht und Rob stimmt mit ein.

»Jungs, ihr habt doch gehört, dass das ihr erster Tag ist. Womöglich läuft ihr Gesicht bei jedem Gast rot an«, bemerke ich genervt.

»Nope! Bei mir nicht«, sagt Alex.

»Mich schaut sie nicht einmal wirklich an«, meint Rob.

Ungläubig schüttle ich den Kopf. Sollen sie doch schwätzen. Ein Knall lenkt meine Aufmerksamkeit auf die neue Bedienung. Sie hat eine Metalldose fallen lassen, in der sich Kaffeepulver befand, wie man nun unschwer riechen kann.

»Verdammt!«, flucht sie. Ich kann schon an ihren Ohren erkennen, dass sie rot anläuft. Jetzt tut sie mir fast leid.

»Ich glaube, das wird heute nichts mehr mit deinem Kaffee. Wann treffen wir uns zur Probe?«, fragt Alex.

»Wie immer um sechs. Vorher muss ich noch zur Tanzschule, neue Tänzerinnen aussuchen.« Gemeinsam gehen wir ein paar Details für unsere Bühnenprobe durch, dann verlassen Alex und Rob mich.

»Der Kaffee kommt sofort«, sagt Kate und wischt über den Tresen, wo gerade noch meine Jungs gesessen haben.

Verdutzt starre ich ihr ins Gesicht. Fast die komplette Nase ist braun verkrustet.

»Hast du dich verletzt?«

»Wie bitte?«

»Hier, deine Nase …« Ich beuge mich etwas vor und mustere sie. Obwohl ich mir ihre Verletzung anschauen wollte, bleibe ich an ihren Augen hängen, die eine wunderschöne Farbe haben. Grün mit orangefarbenen Schlieren.

»Darf ich?« Sanft nehme ich ihr Kinn in meine Hand und sehe mir ihre Verletzung an.

»Was hab ich denn da?«, fragt sie mit zusammengepresstem Mund und starrt mich perplex an.

»Es schaut komisch aus. Vielleicht siehst du dir das mal im Spiegel an?«

Sie langt sich an die Nase, und plötzlich bröselt die vermeintliche Kruste.

»Oh nein, das ist Kaffeepulver!«, stellt sie fest.

Um nicht laut loszulachen, presse ich meine Lippen fest aufeinander, doch dann beginnt auch sie zu grinsen. Ich kann nicht mehr an mich halten und lache drauflos.

»Es … es tut mir leid«, sage ich, mein Lachen unterdrückend.

Sie schüttelt den Kopf. »Ach, ist heute auch egal. Ist nicht wirklich mein Tag.«

»Kate, wem gehört der Kaffee?«, ruft Ivy.

»Ich komme«, ruft sie zurück, wischt sich einige Male mit der Handfläche übers Gesicht und geht.

Ivy bringt mir die Tasse, während die Neue in der Küche verschwindet.

»Wenn der Kaffee lauwarm ist, bringe ich dir einen neuen. Sie hat einfach noch keinen Plan, deshalb hab ich sie mal zu Owen geschickt«, erklärt Ivy, die ziemlich gestresst wirkt.

»Pass auf, sonst bist du sie auch bald wieder los, wenn Owen sie in die Finger bekommt«, antworte ich amüsiert. »Und außerdem macht kalter Kaffee bekanntlich schön. Das wird wohl der Grund sein, warum ich bei den Frauen gut ankomme.«

Ich zwinkere ihr zu.

»Da gäbe es einige Männer, denen kalter Kaffee nicht schaden könnte. Nur müssten sie davon ein ganzes Fass trinken, und es würde leider doch nichts bringen.«

Schmunzelnd widmet sie sich einem Gast, der gerade den Pub betreten hat, während ich an meinem lauwarmen Kaffee nippe. Ich starre auf die Uhr und muss mit Entsetzen feststellen, dass mein Termin in der Tanzschule in zehn Minuten beginnt. Verdammt. Schnell lege ich zwanzig Pfund auf den Tresen und winke Ivy zum Abschied.

*

Mit fünfzehn Minuten Verspätung erreiche ich die Tanzschule. Abgehetzt sprinte ich, zwei Stufen gleichzeitig nehmend, die Treppe hoch und begebe mich direkt in den Tanzsaal.

»Jeff, da bist du ja endlich.« Natasha, die Choreographin, kommt direkt auf mich zu. Wie fast immer sind auch heute ihre schwarzen langen Haare zu einem strengen Dutt frisiert, und sie trägt passend zu ihrer Haarfarbe ein enganliegendes schwarzes Tanktop und Leggings. Ihr Bauch guckt etwas heraus, was sie sich bei ihrer Figur allerdings leisten kann. Sie begrüßt mich mit einem sanften Händedruck und lächelt dabei mit ihren rot geschminkten Lippen.

»Du weißt ja, dass unsere drei besten Tänzerinnen ausgefallen sind. Die zu ersetzen wird nicht einfach. Ich habe aber aus anderen Tanzschulen sehr gute zusammengetrommelt. Wir haben auch schon mit der ersten Choreo angefangen. Mal schauen, wie sie dir gefallen.«

Ich begleite Natasha bis zur Mitte des Tanzsaals, der aus zwei komplett verspiegelten Wänden besteht, an denen Ballettstangen befestigt sind. Die Tänzerinnen wärmen sich gerade an der Stange auf oder stretchen am Boden.

»Ladys, wir beginnen mit der Choreo zum Song Coming Soon. Zeigt, was ihr draufhabt und gebt euer Bestes.«

Die Mädchen, die leicht nervös wirken, nicken, während Natasha zum Musikpult geht und von dort den Song startet, der mir so wahnsinnig viel bedeutet.

Als die ersten Gitarrenklänge ertönen, schwelge ich prompt in Erinnerungen. Ich weiß noch genau, wie ich mit meinem Laptop auf der Couch saß und den Song innerhalb von zwei Stunden schrieb, kurz nachdem es mit Amanda auseinanderging. … und irgendwann werde ich dich in meinen Armen halten … du wirst mein Herz rauben und meinen Verstand ausknocken … die Welt wird sich wie ein Kreisel drehen … irgendwann … coming soon, singe ich in Gedanken mit, bis Natasha mich aus diesen reißt.

»Na, was sagst du?« Sie blickt mich erwartungsvoll an. »Ich finde, sie haben es alle toll gemacht. Da sind doch sicher welche dabei, die dir zusagen?«

»Ähm …« Mist! Ich hab zwar zugesehen, aber irgendwie auch nicht.

»Muss ich mich gleich entscheiden?«, frage ich betreten.

Mit ihren rotlackierten Fingernägeln kratzt sie sich am Kinn. »Du solltest es bald wissen, denn wir müssen sie hart rannehmen.«

»Lass sie bitte noch mal tanzen.«

»Natürlich.« Erneut schart sie die Tänzerinnen um sich und gibt ihnen noch ein paar Anweisungen, ehe sie die Musik abspielt.